Montag, 29. Dezember 2008

Gemeinschaft in Marburg

Hey
Wir wollen eine kleine Reihe starten, wo verschiedene Gemeinschaften
vorgestellt werden oder sie irgendwelche Anekdoten aus ihrer Mitte
erzählen können.

Ich will damit beginnen, unsere kleine Gemeinschaft in Marburg
vorzustellen. Wir sind vier Leute: Sarah (25, verheiratet mit Andi),
Andi (26, verheiratet mit Sarah), Anne (25) und Fabse (24). Uns gibt
es seit dem August 2007. Im August 2008 zog eine allein erziehende
Mutter (Maria) mit Kind (Chenoa) aus der Gemeinschaft, da sie einen
tollen Mann heiratete. Dann kamen Sarah und Andi nach.

Kurzer Steckbrief:
Wir…
- leben in einer 110m² Wohnung im schönen Marburg.
- kennen uns von den Jesus Freaks Marburg
- studieren Sozialpädagogik (Sarah), Psychologie (Anne), Theologie
(Andi) und arbeiten als Relilehrer und Schulsozialarbeiter (Fabse) -->
Gute Mischung ;-)
- haben eine gemeinsame Liturgie
- nehmen einzeln Leute in Not übergangsmäßig auf.
- Leben eine kleine Art von Gütergemeinschaft

Die kleine Art von Gütergemeinschaft heißt, dass wir all unser Essen
zusammen bezahlen, egal was der eine oder andere isst. Jeder kauft
trotzdem eigenständig ein.
Eine gemeinsame Liturgie zu leben, ist wirklich schwer. Gerade wenn
man voll im abwechslungsreichen Leben unseres Alters steht. Wobei mich
persönlich verpasste gemeinsame Treffen schmerzlich daran erinnern,
wie mein Leben Platz hat und Gott eher noch „dabei" gelebt wird. Wir
haben alle unterschiedliche Tagesrhythmen und diese aufzugeben oder
umzustellen ist die Herausforderung zur Selbstaufgabe.
Montags, Dienstags, Freitags treffen wir uns um 8 Uhr für 20 Minuten
zum lesen der Losung, eine kurze Wie-geht's-Runde, lesen der
Gebetsanliegen von Open Doors (Dienst für verfolgte Christen…) und
einem gemeinsamen freien Gebet mit einem festen gemeinsamen
Abschlussgebet (siehe unten). Mittwochs um 22 Uhr ist ein Abendgebet
(was neu eingeführt erst einmal stattfand). Ansonsten treffen wir uns
Donnerstags ab 20.30 für einen LG-Abend wo wir uns richtig Zeit
füreinander nehmen wollen. Meistens machen wir eine Runde: Wie geht's
mir in der Beziehung zu Gott, in der Beziehung zu meinen Mitmenschen
und in der Beziehung zu mir selbst. Hier wurden wir von der
Maybachstr.-Gemeinschaft in Kassel inspiriert.

So, ich denke das ist erstmal wirklich genug Text. Wenn ihr Kontakt zu
uns haben wollt, schreibt einfach eine Antwort hier uns den Post.
Alles Gute euch und einen tollen Übergang ins neue Jahr!
Fabse.


Unser gem. Gebet:
Herr, du schöpferischer Geist,
* Wecke meine Sinne und Gedanken.
* Gib mir Phantasie und Klarheit, ein empfindliches Gewissen, das
rechte, helfende Wort und das sorgsame Tun,
* dass ich etwas Nützliches schaffe und dieser Tag nicht verloren ist.
* Was du mir schickst, will ich annehmen, Erfolg und Misserfolg,
Freude und Mühsal.
* Ich bitte dich für alle, die diesen Tag mit Sorge beginnen, mit
Angst oder Schmerzen.
* Begleite uns, schütze uns, bewahre uns.

Sonntag, 7. Dezember 2008

Konflikte in Lebensgemeinschaften



Ich möchte gern etwas über ein Thema schreiben, dass mich immer schon stark bewegt hat und mich wahrscheinlich auch immer wieder beschäftigen wird:

Ich möchte euch einige meiner Gedanken zum Thema "Konflikte" in Lebensgemeinschaft mitteilen:


Für mich sind Konflikte ja ein bisschen wie das Salz in der Suppe der Beziehungen: Ganz ohne Konflikte werden Beziehungen für mich schnell fad und langweilig und wenn der gesamte Kontakt in einer Beziehung nur aus Konflikten besteht, naja, das finde ich natürlich auch nicht gut. Am liebsten würde ich diese Beziehung dann "ausspucken", so wie eine versalzene Suppe.

Das Wort "Konflikt" stammt übrigens von dem lateinischen Wort "confligere" ab, welches so viel wie "zusammentreffen, kämpfen" bedeutet. Allein aus dieser Wortbedeutung wird schon klar: Zusammentreffen von Menschen z.B. in Lebensgemeinschaft oder Partnerschaft beinhaltet immer auch die Möglichkeit, dass Konflikte auftreten.

Und das Zusammentreffen und -leben ist in Lebensgemeinschaft bzw. Kommunität ja ein wesentlicher Bestandteil – also muss ich mich darauf einstellen, dass auch dort Konflikte auftreten. Ehrlich gesagt, glaube ich, dass in Lebensgemeinschaft viele und auch heftige Konflikte auftreten, weil ich ja dort so nah mit Menschen zusammen bin, wie sonst eigentlich nirgends. Niemand sonst sieht meine Versagen so deutlich wie meine Brüder und Schwestern in der Gemeinschaft – und auch ich sehe ihres und bin dem manchmal unmittelbar ausgesetzt.

Dazu kommt noch, dass ich mir es noch nicht einmal ausgesucht habe, mit wem ich in Gemeinschaft lebe: Manche sind mir vielleicht sympathisch, andere aber auch nicht. Mit manchen verstehe ich mich gut, andere gehen mir mit jedem Wort auf die Nerven. Und ich bin ja für andere auch oft „Stein des Anstoßes“ bspw. mit meiner Unzuverlässigkeit.

Ich will damit vor allem eines sagen:

Konflikte in Gemeinschaft sind völlig normal. Ich würde so weit gehen und behaupten, dass derjenige, der in Gemeinschaft ohne Konflikte leben will, am eigentlichen Kern von Lebensgemeinschaft vorbei geht.

Es sollte deshalb nicht unser Ziel sein Konflikte zu vermeiden, sondern in Konflikten gut miteinander umzugehen. In Konflikten gilt nämlich genauso: „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst.“. Darin sehe ich eine Aufgabe für jeden von uns, der es ernst meint mit Gott und (Lebens-)gemeinschaft: zu lernen (insbesondere) in Konflikten gut mit meinem Gegenüber umzugehen.

Was dieses „gut miteinander umgehen“ konkret bedeuten könnte, das möchte ich hier nicht weiter ausführen – vielleicht gibt es später dazu einen eigenen Beitrag


So, das wars erstmal von mir.

Benjamin

Mittwoch, 3. Dezember 2008

"dran" schreibt über die Emergenten Kommunitäten

In der dran steht ein Interview mit Fab$s zum Treffen der "Emergenten Kommunitäten" in Ramsdorf. Wenn du auf die Grafik klickst, wird diese (leserlich)groß angezeigt.


aus dran 9/08. Infos: www.dran.de

Dienstag, 2. Dezember 2008

Rückblickende Gedanken zum Emergent-Deutschland-Forum


Rückblick: Es ist Sonntag, ca. 17:30, irgendwo auf der A81 zwischen der Ausfahrt Pleidelsheim und Stuttgart-Feuerbach. Nachdem wir uns nun fast zwei Stunden über das zurückliegende Emergent-Deutschland-Forum unterhalten haben und ich wegen der beschlagenen Autoscheiben im Überholvorgang beinahe einen vorbeifahrenden VW Golf geküsst hätte (das war knapp!) verebben die Gespräche und ein müde-stilles Nachdenken kehrt ein ...

Es war schön das Wochenende. Es war herausfordernd. Es war ein Forum und eines, das seinem Namen wirklich gerecht wurde, nicht eine Konferenz oder ähnliches. Zwar gab es die beiden Impulsreferate am Samstag Morgen, doch folgte auf jedes Referat das Gespräch am Tisch und man war herausgefordert, Gedanken und Fragen im Plenum zu präsentieren. Genauso in den Workshops am Samstag Nachmittag: Kurze Vorstellung, Aufteilung in kleinere Arbeitsgruppen (zumindest bei unserem Workshop), Präsentation der Überlegungen vor der ganzen Workshop-Gruppe und abschließend am Abend auf dem Marktplatz, auf dem man die Gedanken aller Workshops hören konnte.

Die Themen der Impulsreferate wurden nochmals in den vermutlich meistbesuchten Workshops aufgegriffen und waren so inhaltlich prägend für das Forum. Es ging um Sexismus und Gleichberechtigung, um Gemeinde und Gesellschaft und Reich Gottes.

Die Vorstellung der Thesen gegen Sexismus der Initiativgruppe "Gleichberechtigung" haben mich sehr getroffen. Zwar gibt es in meinem Umfeld z.B. kein Predigtverbot für Frauen o.ä., doch begegnet mir immer wieder - und das wurde beim Austausch am Tisch bestätigt - dass Frauen sich mit ihrer Rolle in zweiter und dritter Reihe (keine Wertung gegenüber "erster" Reihen!) zufrieden geben und diese nicht selten sexistisch ("als Frau bin ich doch nicht dafür gemacht") rechtfertigen. Die Frage ist doch, woher solche Annahmen kommen. Liegen sie wirklich im Naturell des Geschlechts? Oder sind sie späte Auswüchse einer patriarchalischen kulturellen Verprägung? Genauso empfinde ich, dass man immer noch skeptisch beäugt wird, passt man sich als Mann nicht in die klassische Rollenverteilung ein. Erledigt man in der Ehe-/ Hausgemeinschaft z.B. vorwiegend Haushaltstätigkeiten, bleibt man zuhause bei den Kindern und "verdient nicht das Geld", so scheinen die Blicke und manchmal auch die witzelnden Bemerkungen sexistische Abwertung dieser Bereiche nahezulegen. Ich wurde durch das Referat und den Workshop neu von dem Wunsch erfasst, dass christliche Gemeinschaft - und damit auch kommunitäres Leben - keine Grenzen zwischen Mann und Frau, sondern Einheit in Christus kennt (Vgl. Gal 3,27-29). Doch wie kann das in christlicher Gemeinschaft konkret werden? Bedeutet es einfach die Umkehrung der Verhältnisse? Oder etwa eine 50/50-Lösung? Wie die Initiative "Gleichberechtigung" immer wieder betonte, geht es weder um Patriarchat (Herrschaft der Männer) noch um Matriarchat (Herrschaft der Frauen), sondern darum, dass wir uns einander unterstützen und wie jemand am Tisch sagte: uns gegenseitig groß machen. Die Autobahnschilder ziehen an mir vorüber und ich frage mich:

Wie können wir Frauen und Männer unserer Gemeinschaften ermutigen, dass sie sich gegenseitig auf ihrem Weg - auch über kulturell vorgeprägte Rollengrenzen hinaus - unterstützen? Wie können wir als christliche (kommunitäre) Gemeinschaften ein Zeichen der Gleichberechtigung sein?

Das zweite Impulsreferat thematisierte "Gemeinde und Welt". Johannes Reimer setzte sich mit der Frage auseinander, was "Welt" aus einer biblischen Perspektive gesehen sein könnte. Ist sie wirklich einfach nur schlecht und sündig? Johannes tendierte dazu, eine "tripolare" (etwa: dreigestaltige) Sichtweise der Welt einzunehmen. Gott habe sich ganz und gar nicht aus der Welt zurückgezogen, ist sie ja seine Schöpfung, die er erhält und zu der er sich in Jesus ganz zuwendet. Diese Welt gibt er dem Menschen, damit der sie erhalte und beherrsche (was auch immer das bedeutet) und schafft so die Grundlage zu Kultur. Alles was wir an Kultur sehen, sei - so sagt Johannes - dem Genius Mensch zuzuschreiben und diesem seinem "Kulturmandat". Das wäre schon eine reichlich kulturoptimistische Sicht - und das ist es auch! - wenn Johannes nicht auch betont hätte, dass er mit den dämonischen Mächten in der Welt rechnet, die sie korrumpieren und zerstören wollen. Weil die Welt zwar vom Bösen beeinflusst ist, weil sie aber genauso Gottes Schöpfung ist und er sich ihr nicht ab- sondern zuwendet und weil er dem Menschen ein Kulturmandat gibt, dürfe - so Johannes - christliche Gemeinschaft sich niemals von der Welt separieren. Johannes wirft dem Mönchtum vor, dass es schon in frühen Jahren soweit wie möglich aus der Welt fliehen wollte. Das aber sei keine Alternative, denn Christen seien zur Weltgestaltung aufgerufen und müssten so auch in den Dialog mit den Menschen treten, die in der Welt kulturschaffend sind, auch wenn sie dabei nicht alles gutheißen, weil sie um die dämonische Dimension der Kultur wissen. Im Tal sehe ich die Lichter der Stadt und denke:

Warum wird der monastischen Tradition eigentlich immer wieder vorgeworfen, dass sie weltflüchtig sei? Hat sie, haben wir, die wir uns als Teil von ihr begreifen, vielleicht wirklich eine solche Abwendungs-Tendenz? Wie können wir die Spannung zwischen Kulturkritik (das Dämonische wahrnehmen) und Kulturgestaltung (das Mandat annehmen) halten?

Neben den inhaltlichen Impulsen hallen v.a. die Begegnungen mit den Menschen in mir nach. Vernetzung ist etwas Wichtiges. Wenn wir über diese Fragen nachdenken und auf dem Weg sind, christliche Gemeinschaft in unserer gegenwärtigen Gesellschaft zu leben, dann brauchen wir einander, dann brauchen wir Mitreisende. Wir brauchen sie, um unsere eigenen Schönheiten wie Schwächen zu erkennen, denn - wie Br. Thomas von den Christusträger mir letztens sagte - "das eigene Profil erkennt man nicht so sehr im Spiegelbild, sondern vielmehr von der Seite". Aber wir brauchen auch so einander. Einfach so. Deshalb freue ich mich, dass in den letzten Tagen einige zu unserer Initiative "Emergente Kommunitäten" dazu gekommen sind.

Ah, da ist ja schon unsere Ausfahrt. Dumm, dass unsere Lüftung so schlecht funktioniert - die Scheiben sind ja schon wieder völlig beschlagen. Zum Glück sind Kasi, Claudi und DoSi mit mir unterwegs, die können auch im hinteren Bereich des Autos mir die Sicht freimachen. Das passt ja: Mitreisende machen die Sicht frei!